Der Paso Fino

Die Pferde mit dem feinen Gang

„Paso Fino“ bedeutet wörtlich übersetzt „feiner Gang“ und als solche sind diese Pferde auch bekannt geworden: „los caballos con el paso fino“ – die Pferde mit dem feinen Gang. Mit seiner Gangveranlagung und seinem noblen Charakter eroberte der Paso Fino Europa im Sturm. Seit Anfang der neunziger Jahre ist das Interesse an den heißblütigen Südamerikanern enorm gewachsen. Der Pferdebestand hat sich durch eigene Nachzucht und Importe, vorzugsweise aus den USA, vervielfacht. Ende 2012 gab es in Europa über 1.000 registrierte Paso Finos.

Geschichte und Herkunft

Entstanden aus den drei europäischen Rassen – Andalusier, Berber und der nicht mehr existierenden Spanischen Genet – wurden die Vorfahren des heutigen Paso Fino in der Neuen Welt zunächst als Zuchtgrundlage für die Pferdewechselstationen der spanischen Konquistadoren eingesetzt. Sie trugen ihre Reiter tagelang über Gebirge, Ebenen, dichten Dschungel und ermöglichten somit den Spaniern die Eroberung Südamerikas. 

Der Paso Fino war durch seine Ausdauer und Robustheit, seine Menschenbezogenheit und vor allem den bequemen Gang ideal für die Bedürfnisse der damaligen Zeit. Pferde waren als Transportmittel und Arbeitstiere unabdingbar. Auch auf den großen Plantagen wurden diese Qualitäten geschätzt, weil der Paso Fino über den notwendigen „Cow Sense“ verfügt, der diese Pferde für den Einsatz bei der Rinderarbeit so wertvoll machte. Dazu kam, dass die stolzen Plantagenbesitzer mit dem Paso Fino zudem ein Pferd besaßen, das neben seinen anderen Vorzügen auch besonders edel und schön aussah und somit seinen Reiter ins rechte Licht setzte.

Foto © Ulrich Neddens
Foto © Yvi Tschischka

Erscheinungsbild

Der Paso Fino hat ein Stockmass zwischen ca. 140 und 155 cm. Das spanische Erbe des Paso Fino wird deutlich durch seine stolze Ausstrahlung, Anmut und Eleganz. Der ideale Paso Fino ist zugleich edel, sanft, impulsiv und strahlt eine unwahrscheinliche Präsenz aus – eine Kombination von Energie und Temperament, das mit dem spanischen Wort „Brio“ bezeichnet wird. Brio ist dem Pferd angeboren und lässt sich nicht anerziehen. Dieses viel gepriesene Brio ist eines der hervorstechendsten Merkmale aller Pasopferde, es wird in hohem Maße bei der Zucht berücksichtigt und macht diese Pferde im Gegensatz zu den meisten anderen Rassen einzigartig. Zudem ist der Paso Fino sehr menschenbezogen und stets bemüht seinen Besitzern und Reitern zu gefallen. Trotz seines großen Arbeitseifers und seines heißblütigen Temperaments ist er in der Regel problemlos im Umgang.

Er hat idealerweise einen korrekten Körperbau mit eher feinem, trockenem Fundament, kleinen harten Hufen und stabilen, kurzen Fesseln. Der sehr harmonische Körperbau sowie die enorm hohe Knochendichte machen ihn zu einem äußerst belastbaren Pferd.

Gangarten

Obwohl der Paso Fino in der Regel neben dem Tölt auch Schritt, Trab und Galopp zeigt, bewegen sich die meisten dieser Pferde in der ihnen angeborenen Gangart. Dabei ist die Fußfolge identisch mit dem Schritt. Man achtet beim Paso Fino besonders auf eine ruhige Kruppe. Oberstes Kriterium ist immer die Weichheit des Ganges und nicht eine extreme und überzogene Aktion in Vor- oder Hinterhand. Der typische Tölt des Paso Fino wird in drei unterschiedlichen Tempi und Versammlungsgraden geritten:

  • Classic Fino: Pferde mit der Fähigkeit, den Classic Fino auszuführen, sind besonders in Südamerika und den USA beliebt und die absoluten Show Stars. Mit ihrem überschäumenden Temperament und den ultrakurzen Bewegungen reißen sie auf Shows und Darbietungen die Zuschauer zu Begeisterungsstürmen hin. Wenn sie im Viertaktstakkato über den „Fino Strip“ (eine Art Holzsteg zur Klangverstärkung) steppen, hält es keinen der Zuschauer auf seinem Sitzplatz. Classic Fino kann man durch Training nicht erzwingen, das Pferd muss die Veranlagung dafür bereits von Geburt an mitbringen.
  • Paso Corto: Vergleichbar in der Geschwindigkeit mit dem Arbeitstrab ist der Paso Corto das bevorzugte Tempo im Gelände und für die gymnastizierende Arbeit in der Bahn. Der Raumgriff ist mittel bei ruhiger, gleichmäßiger Vorwärtsbewegung. Dabei soll das Pferd weder eine übertrieben Aktion noch ein zu hohes Tempo zeigen. Ein gut konditioniertes Pferd kann stundenlang im Paso Corto gehen, ohne dabei sichtlich zu ermüden.
  • Paso Largo: Das schnellste der drei Tölttempi ist der Paso Largo. Der Raumgriff und die Schrittlänge bei unterschiedlicher Versammlung sollen im Vergleich zum Paso Corto einen deutlich erkennbaren Unterschied aufweisen und wesentlich größer sein. Das Tempo variiert dabei von Pferd zu Pferd, da Taktreinheit, Rhythmus und Balance des Tölt nie zu Gunsten der Geschwindigkeit verloren gehen sollten. Talentierte Pferde können im Paso Largo durchaus Galoppgeschwindigkeit erreichen.
Foto © Yvi Tschischka
Foto © Yvi Tschischka

Rassetypen

Der Paso Fino wird in den USA und hierzulande in drei verschiedene Typen unterteilt, die jedoch nicht als Qualitätsmerkmal anzusehen sind, sondern lediglich die jeweilige Veranlagung des Pferdes und die damit zum Teil verbundenen unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten beschreiben.

Pleasure:

Der Paso Fino im Pleasure–Typ eignet sich wohl am besten für den Freizeit- und Wanderreiter. Diese Pferde zeigen lockeren, taktklaren Tölt am lockeren Zügel in entspannter, mäßig versammelter Manier. Der Raumgriff ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich, jedoch sollten alle Pferde fähig sein, den Tölt problemlos vom Paso Corto (Arbeitstempo) zum Paso Largo (verstärktes Tempo) zu steigern. Durch ihre Rittigkeit und ihr angenehmes, ausgeglichenes Temperament sind Pleasure-Pferde sowohl unter dem Reiter als auch beim täglichen Umgang unkomplizierte und angenehme Partner.

Performance:

Paso Finos im Performance-Typ zeigen ebenfalls Paso Corto und Paso Largo; im Unterschied zum Pleasure-Pferd wird hier aber mehr Wert auf Versammlung, Präsenz, Aufrichtung und Temperament gelegt. Performance-Pferde verfügen über viel Ausstrahlung und Vorwärtsdrang und haben zuweilen auch ein etwas überschäumendes Temperament. Diese Pferde sind bestens geeignet für bereits fortgeschrittene Reiter mit entsprechender (Gangpferde)Erfahrung, die sensible, temperamentvolle Pferde mit viel Gehwillen schätzen.

Classic Fino:

Paso Finos im Classic-Fino-Typ sollen die Veranlagung für ein Höchstmaß an Aufrichtung, Versammlung und Temperament zeigen. Auf den Turnieren in den USA, Kolumbien oder Puerto Rico werden diese Pferde ausschließlich im „Classic Fino“ vorgestellt, einem rhythmischer 4-Takt Tölt mit rasant schneller Fußfolge (Quickness genannt) bei minimalstem Raumgriff und höchster Versammlung. Da nur ein geringer Prozentsatz eines Fohlenjahrgangs alle natürlichen Voraussetzungen erfüllt, um später in Classic-Fino Klassen erfolgreich bestehen zu können, sind diese Pferde auch entsprechend teuer.

Verwendung und Einsatzmöglichkeiten

Seine Rittigkeit und Trittsicherheit, der bequeme Gang und nicht zuletzt der umgängliche und menschenbezogene Charakter machen den Paso Fino zu einem idealen Freizeit- und Wanderreitpferd. Aufgrund ihres „Cow Senses“ und enormen Wendigkeit bietet sich die Rasse auch für das Westernreiten an. 

Dank seiner Leichtrittigkeit und hohen Versammlungsfähigkeit ist der Paso Fino auch bestens geeignet, Elemente der klassischen Dressur zu lernen. Vor einer leichten Kutsche oder auch unter dem Damensattel macht er ebenfalls eine elegante Figur. Seine weichen Gänge machen den Paso Fino auch zu einem idealen Pferd für Reiter mit Rückenproblemen. Viele Paso Finos werden aufgrund ihres sanften Wesens auch für therapeutisches Reiten eingesetzt.

Und natürlich ist er das ideale Pferd, um bei Gangpferdeturnieren zu glänzen. Ob im Classic Fino oder im rasanten Paso Largo, ein Paso Fino ist immer ein Erlebnis für den Reiter und den Zuschauer gleichermaßen. In allen Prüfungen liegt der Richtschwerpunkt immer auf dem taktreinen und gleichmäßigen Tölt – dem Markenzeichen des Paso Fino. 

Casanova del Reflejo
Foto © Christiane Slawik
Foto © Yvi Tschischka

Reitweise

Grundsätzlich kann der Paso Fino in den unterschiedlichsten Reitweisen geritten und ausgebildet werden. Jedoch sollte immer auf die Leichtrittigkeit und die Klarheit und Reinheit der Gänge Wert gelegt werden. 

Die traditionelle Reitweise des Paso Fino kann am ehesten mit der Westernreitweise verglichen werden, da auch die typische Paso Fino Reitweise auf lediglich leichtem Zügelkontakt und minimalen Hilfen basiert. Gewichtshilfen werden ebenfalls gezielt eingesetzt. Bei der Ausbildung und im Training wird viel Wert darauf gelegt, dass das Pferd von Anfang an seine Balance findet und gut gymnastiziert und konditioniert wird.

Jungpferde werden in der Regel drei- oder vierjährig zunächst im Bosal angeritten. Ein Gebiss wird erst dann verwendet, wenn das Pferd im Bosal fein auf alle Hilfen des Reiters reagiert. Paso Finos zeigen den ihnen angeborenen Spezialgang in der Regel natürlich und taktklar ohne jegliche Form von Manipulation (wie z.B. unterschiedliche Beschläge, Hilfszügel, Gewichte etc.) und diese sind auf Turnieren generell auch untersagt.